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Kategorie: A, Rheinland-Pfalz Zuletzt aktualisiert: 22.05.2005
Alzey/Rheinhessen
In römischer Zeit (um 365) entstand im vicus Alzey ein Kastell, zu dem sich in fränkischer Zeit ein mit Palisade und Graben befestigter Salhof gesellte. In der Nachbarschaft des Salhofes, Mittelpunkt des umfangreichen Alzeyer Reichsgutes, entwickelte sich eine eigenständige Siedlung (locus), die nicht zum Reichsgut gehörte und von freien Bauern bewirtschaftet wurde.
Zwischen 1107 und 1146 war der Salhof Stützpunkt des Stauferherzogs Friedrichs II, der häufig als Erbauer der Alzeyer Burg angesehen wird. Die Geschichte des Ortes Alzey zeigt aber, dass die Burg erst entstand, nachdem sein Sohn Konrad (1156-1195) im Jahr 1156 die Pfalzgrafschaft bei Rhein übernahm. Als die Pfalzgrafen ihr politisches Betätigungsfeld nach Heidelberg verlegten (1215), scheinen sie auch Alzey als Herrschaftszentrum ins Auge gefasst zu haben. Da Burg Alzey 1278 erstmals genannt wird, lässt sich ihre Entstehungszeit auf den Zeitraum zwischen 1156 und 1278 begrenzen. Eine von Trithemius erwähnte raugräfliche Burg des 11. Jahrhunderts hat sich dagegen als Legende erwiesen.
Im Jahr 1278 befand sich Burg Alzey in den Händen von Werner Truchsess (III.) von Alzey (1253-1265) und dessen Schwiegersohn Philipp II. von Hohenfels (1256-1293). Wahrscheinlich haben die erstmals 1140 urkundlich erwähnten Ministerialen von Alzey (seit 1190 Truchsessen) die Burg im Auftrag der Pfalzgrafen errichtet und im Gegenzug zu Lehen erhalten.
Die Truchsessen versuchten von ihrer Lehensburg aus, die sie schnell als Eigenbesitz betrachteten, sich einen unabhängigen Herrschaftsbereich aufzubauen. Ihre Machtstellung gründeten sie auf umfangreiche Besitzungen zwischen Rhein und Donnersberg und eine ausgedehnte Heiratspolitik. Die selbstbewussten Aktivitäten der Truchsessen erregten bald den Unmut der nahen Stadt Worms. Nachdem Philipp II. von Hohenfels im Sommer 1260 den Wormser Vogt überfallen hatte, belagerten die Wormser seit dem 1. Juli 1260 Alzey. Die Alzeyer gaben am 12. Juli 1260 auf und mussten die Zerstörung der Mauern und Wälle zulassen. Die Burg wird mit keinem Wort erwähnt.
Nach der Zerstörung Alzeys 1260 blieb die Machtstellung der Truchsessen über Alzey nahezu ungebrochen. Ihre militärische Niederlage wäre für Pfalzgraf Ludwig II. (1253-1294) eine günstige Gelegenheit gewesen, sich wieder uneingeschränkt Geltung in Alzey zu verschaffen. Da jedoch an eine handstreichartige Entmachtung der Truchsessen angesichts ihrer zahlreichen Rechtstitel und weitläufigen verwandtschaftlichen Beziehungen nicht zu denken war, musste Ludwig II. die allzu selbstbewusst agierenden Vasallen Stück für Stück und mit rechtmäßigen Mitteln aus ihrem Machtzentrum verdrängen.
Zunächst begann er den Ort aus seiner Abhängigkeit von den Truchsessen und den anderen ministerialischen Familien zu lösen. Auf seine Bitten verlieh König Rudolf von Habsburg (1273-1291) am 24.10.1277 dem Ort die Stadtrechte. Alzey wurde aber keine Reichsstadt, sondern eine vom Pfalzgrafen abhängige Stadt. Auch im Umland verstanden es die Pfalzgrafen, die Truchsessen nach und nach aus ihren Besitzungen zu drängen.
Die Machtverhältnisse auf der Burg blieben von dieser Entwicklung nicht unberührt. Offensichtlich war es um 1277 bereits zu einer Verschiebung in den Besitzverhältnissen gekommen, denn seit 1277 begann Pfalzgraf Ludwig II., Burgmannen zu verpflichten. Somit muss ein Teil der Burg in seiner Verfügungsgewalt gewesen sein. Die Verpflichtung von Burgmannen, besonders solche von hohem Stand, leitete die Entmachtung der ministerialischen Truchsessen auf der Burg ein.
Die Truchsessen und deren Burgmannen reagierten auf die Bedrängung in der Burg mit gewalttätigen Aktionen gegen die Stadtbevölkerung, die sich aber zu wehren wusste. 1288 ließ der pfalzgräfliche Stadtherr zwischen Truchsessen und Bürgerschaft schlichten. Im folgenden Jahr versuchten die Truchsessen Philipp (I.) (1256-1292/1301) und Gerhard (I.) (1256-1292) sowie die Mitbesitzer, die Brüder Werner und Philipp Winter, anscheinend einem pfalzgräflichen Übernahmebegehren dadurch zu entgehen, dass sie ihre Lehensburg, die sie trotzig als die Ihre ansahen (castrum nostrum in Alzeia), den Grafen Friedrich IV. (1287-1316) und Emich von Leiningen (1281-1289) zu Lediglehen auftrugen. Damit wollten sie die Lehensburg dem unmittelbaren Zugriff des Lehensherrn entziehen, eine Rückgabe vermeiden und den Pfalzgrafen zwingen, sich nicht nur mit ihnen, sondern mit einem Herren gräflichen Standes auseinanderzusetzen. Der Vertrag mit den Leiningern wurde aber offensichtlich niemals vollzogen.
1292 übertrug Gerhard (I.) Truchsess (1256-1292) seinen Burganteil seinem zukünftigen Schwiegersohn, dem Grafen Eberhard von Sponheim (1281-1303). Diesmal stimmte Pfalzgraf Ludwig II. der Weitergabe des Lehens zu, da der Burgteil dem unmittelbaren Einfluss der Truchsessen entzogen wurde. Mit dem Sponheimer nahm er Direktverhandlungen auf und ließ sich im Jahr 1296 für dessen Burgteil ein Vorkaufsrecht einräumen.
Gleichzeitig brachte Ludwig II. die Truchsessen Philipp (I.) und Gerhard (I.) und die Brüder Werner und Philipp Winter in eine immer stärkere Abhängigkeit zu sich und machte sie bereits Ende 1292 zu seinen Burgmannen. Sie sollten sowohl in der Stadt als auch auf der Burg sowie im befestigten Salhof (aliam nostram munitionem) Burgmannendienste leisten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt befanden sich Burg und Bewohner in der Hand des Pfalzgrafen. Wie nachhaltig die pfalzgräfliche Übernahmepolitik zum Erfolg geführt hatte, d.h. Burg Alzey zum pfalzgräflichen Machtzentrum geworden war, zeigt sich auch darin, dass König Albrecht die Burg 1298 angreifen ließ, weil Pfalzgraf Rudolf I. (1294-1319) den abgesetzten König Adolf von Nassau unterstützte. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Burg Alzey vielleicht schon von einem pfalzgräflichen Burggrafen befehligt und verteidigt. Die Truchsessen, offiziell noch Lehensbesitzer, waren längst auf den Status einfacher Burgmannen zurückgedrängt. Um das Jahr 1303 erwarben die Pfalzgrafen Rudolf I. (1294-1319) und sein Bruder Ludwig (1294-1329) den Lehensanspruch des Grafen Eberhard von Sponheim (1281-1303) bzw. des Gerhard Truchsess. Den Schlußpunkt der Besitzergreifung setzten die beiden Pfalzgrafen, als sie am 20.4.1305 die Lehensansprüche der Brüder Wentz und Konrad Truchsess aufkauften. Da Ratenzahlung vereinbart war, quittierte Wentz Truchsess erst am 10.7.1307. Gleichzeitig gab er alle verbrieften Ansprüche auf die Burg und auf Schadensersatz auf.
Burg Alzey sollte zusammen mit der aufblühenden Stadt schon wenig später zum Spielball der "großen Politik" werden. Der Mainzer Erzbischof Peter (1306-1320) ließ sich 1314 als Gegenleistung für seine Unterstützung bei der Wahl des Pfalzgrafen Ludwig zum deutschen König neben den Reichsstädten Ingelheim und Oppenheim auch Burg und Stadt Alzey als persönliches Pfand übertragen. Nach anfänglichen Alzeyer Widerständen unterstellte sich schließlich am 13.1.1319 der pfalzgräfliche Amtmann, Raugraf Georg, dem Mainzer Pfandherrn. Die Mainzer Pfandherrschaft währte jedoch nicht lange. Als Erzbischof Peter am 5. Juni 1320 verstarb, erschienen pfalzgräfliche Truppen und vertrieben die Mainzischen aus der Stadt.
Der pfalzgräfliche Burggraf war oberster Befehlshaber in der Stadt und kommandierte die Burgmannschaft. Er kontrollierte die durch das Alzeyer Gebiet führenden Reise- und Handelswege, besonders den Übergang über die Selz. Auf den pfalzgräflichen Ländereien wurden in bedeutendem Umfang landwirtschaftliche Produkte erwirtschaftet. Sie wurden nicht alle selbst bewirtschaftet (Eigenwirtschaft), der größere Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen war an Lehensleute und Pächter vergeben. Zahlreiche Ortschaften der Umgebung und viele Adlige waren der pfalzgräflichen Stadt und dem Schloss zu persönlichen Diensten, Naturalabgaben bzw. Geldzahlungen verpflichtet. So sicherten die Pfalzgrafen ihre wirtschaftliche Existenz und militärische Stellung in Alzey.
Alzey war nach 1300 Sitz eines Amtmannes (Oberamt), wirtschaftlicher Mittelpunkt der pfalzgräflichen Besitzungen in diesem Bereich sowie Durchgangsstation zu den pfalzgräflichen Gütern an der Nahe und im Hunsrück. Gelegentlich diente der Burgort als Sammelpunkt für militärische Unternehmungen sowie als Jagdschloss. Die Lage Alzeys unmittelbar im Süden des Erzstiftes Mainz verliehen der Burg und dem Ort einen hohen territorialpolitischen Stellenwert.
Die Brückenfunktion, die Alzey aufgrund der weit verstreut liegenden pfalzgräflichen Besitzungen einnahm, ist auch verantwortlich für die häufigen Besuche der Pfalzgrafen und den Ausbau der Burg zu einer Residenz. Hauptresidenz der Pfalzgrafen war Heidelberg. Der Herrschaftsmittelpunkt Alzey wies dagegen nahezu alle Merkmale einer regionalen (Neben-)Residenz auf. Obwohl die Überlieferung sehr lückenhaft ist und keine abschließende Wertung erlaubt, kann man sagen, dass nahezu alle Pfalzgrafen Station in Alzey machten. Unter Ruprecht III. (1398-1410), der 1400 als Ruprecht I. den deutschen Königsthron bestieg, war Alzey besonders häufig besuchte Residenz und wurde gar als "Kanzleiort des Reichsoberhauptes" bezeichnet.
Der Aufwand, den Friedrich II. für den Ausbau des Schlosses betrieb, zeigt, dass Alzey für ihn eine bedeutende Rolle spielte. Hier verbrachte er auch umgeben von seinem gesamten Hofstaat die letzten Wochen seines Lebens (gest. 26.2.1556).
1601 zwangen umfangreiche Baumaßnahmen im Heidelberger Schloss Kurfürst Friedrich IV. (1583-1610) zum Verlassen seines Regierungssitzes. Der pfalzgräfliche Hof weilte deshalb von April bis August 1601 im Alzeyer Schloss. Später folgten nur noch Stippvisiten der Kurfürsten. Als 1683 Pfalzgraf Karl II. (1680-1685) die Schlossgüter an mehrere Herren verpachtete, hatte das Schloss als Residenz längst ausgedient.
Die gelegentliche Nennung der verschiedenen Hofämter in Alzey zeigt, dass sich seit dem 14. Jahrhundert zumindest zeitweise eine differenzierte Hofamtsorganisation herausgebildet hatte. Das Truchsessenamt verkümmerte nach 1305, ein Hofmeister wird 1379 erwähnt, 1403 erscheint das traditionelle Hofamt des Burgschenken auf. Auch die Nennung von Schreibern (von 1379 bis in das 16. Jahrhundert belegt), Kammermeistern (1403 und 1544), Kammerknechten (1407), Rechtsgelehrten (1529) und Ärzten (1556) weist darauf hin, dass bei längeren Aufenthalten der Pfalzgrafen in Alzey nahezu alle wichtigen Bereiche abgedeckt waren, die zum reibungslosen Ablauf in der Alzeyer Residenz beitrugen.
Wie viele andere Anlagen auch fiel Schloss Alzey den kriegerischen Ereignissen des Pfälzischen Erbfolgekrieges zum Opfer. Am 14.10.1689 rückte der französische Oberst Vivar mit 300 Reitern in Alzey ein. Es wurde Befehl gegeben, die Stadt am 14. und 15. Oktober anzuzünden. Die Zerstörungen in der Stadt hielten sich in Grenzen, die Stadtmauer blieb weitgehend erhalten. Das Schloss hingegen, die Mauern, Gebäude und vor allem der Bollwerkturm wurde durch Sprengungen und Abbrucharbeiten ramponiert. Die Nordostecke der Umfassungsmauer wurden aufgesprengt, in der Südostecke klafft noch heute eine breite Bresche.
Nach der Verwüstung von 1689 änderte sich am ruinösen Zustand des Schlosses lange Zeit wenig. Die Bewohner Alzeys, die nach 1710 begannen, ihre Stadt wieder aufzubauen, benutzten die Ruine als Steinbruch. In der Zeit der französischen Okkupation (1801-1813) wurde das Schloss vom französischen Staat eingezogen und diente als Gefängnis. Es folgten einige Privatbesitzer, bis 1837 das Kernschloss in den Besitz des Großherzogtums Hessen überging.
Am schlechten Zustand des Schlosses änderten die wechselnden Besitzverhältnisse des 19. Jahrhunderts nichts. Ende des 19. Jahrhunderts plante man, die Ruine zum Amtsgericht und Gefängnis umzubauen. Zwischen 1901 und 1903 wurde zunächst eine Aufnahme des vorhandenen Baubestandes vorgenommen und sofort mit dem Abbruch verwitterter Bauteile begonnen. Bei diesen Arbeiten gingen einige Mauerinschriften und andere Datierungsmerkmale unwiederbringlich verloren. Die Instandsetzung des Schlosses war Ende 1903 vorerst abgeschlossen. Tor- und Wärterhaus wurden renoviert, im neu aufgebauten Nord- und Südflügel befinden sich heute das Amtsgericht bzw. ein Gymnasium.
Baubeschreibung
Die Burg, zwischen 1156 und 1287 errichtet, zeigt keinerlei Spuren von Buckelquadern, den typischen Bauelementen der staufischen Epoche (1124-1225). Älteste Bauteile sind die Fundamente des Haupttores und der Umfassungsmauern. Burg und Schloss wurden überwiegend aus hartem Kalkstein erbaut. Die regelmäßig behauenen Quader schichtete man gleichmäßig mit viel Mörtel. Später diente als Baumaterial auch weicher Tonsandstein.
Die noch aus der Entstehungszeit stammenden Gräben vor der Burg legen die Vermutung nahe, dass es sich um eine Wasserburg gehandelt hat. Die Gräben konnten nicht aus der nördlich vorbei fließenden Selz geflutet werden, da sie etwas tiefer lag als das Grabenniveau. Der Zulauf erfolgte daher durch eine Quellleitung im Bereich des Mauchenheimer Wegs, die wesentlich höher als das Grabenniveau der Burg war (Kraus). Reste des Grabensystems finden sich unmittelbar hinter der Stadtmauer (Zugbrücke) und unmittelbar vor der Ringmauer der Burg.
Nach der Übernahme der Burg durch die Pfalzgrafen (1305) wurde die Anlage zur Nebenresidenz ausgebaut. Seit Mitte bzw. Ende des 15. Jahrhunderts erfolgte der Umbau der mittelalterlichen Anlage zum Schloss. Ein im Jahr 1619 ins Auge gefasster Umbau des Schlosses in eine moderne Festungsanlage unterblieb aus organisatorischen und wehrtechnischen Gründen.
Vorburg
Durch das Stadttor in der Schlossgasse, das zwischen 1460 und 1470 entstand, gelangte man über den Graben mit Zugbrücke (Blende) in die Vorburg vor dem Schlosstor. Eine Fußgängerpforte und zwei flankierende Rundtürme, unten rund im Obergeschoss achteckig, ergänzen das Ensemble. Laut der Darstellung des Mathias Merian (1645) trug das Tor ehemals ein Fachwerkgeschoss mit hohen Helmen. Der Wendeltreppenturm stammt aus dem späten 15. Jahrhundert.
Links vom Schlosstor die ehemalige Schlossscheuer von 1468 (Inschrift an einem Eckquader), darunter aus der gleichen Zeit ein Weinkeller mit zweimal neun starken Kreuzrippengewölben. Der Zugang für die Zehntpflichtigen in diesen Bereich war später auch über den Kästrich vom Feld aus möglich.
Die Vorburg war durch einen zweiten dicht an der Burgmauer befindlichen Graben von der Kernburg getrennt, die man über eine feste Brücke durch das Haupttor betreten konnte.
Torturm
An der Nordwestecke der Burganlage steht die schräg gestellte Toranlage. Sie wurde mehrfach umgebaut und birgt im Grundmauerbereich den ältesten Bauteil der Burg. Da Burg Alzey offensichtlich nie einen Bergfried besaß, könnte das hohe Torhaus als solcher gedient haben. Der Torweg von der Vorburg bis ins Burginnere steigt an.
Ein mächtiger Bogen überbrückt den Toreingang, der den nördlichen und westlichen Wehrgang trägt. Unter dem Mauerbogen mit Rundbogenfries und Gussöffnung befinden sich zwei Torbögen, der untere ist wesentlich jünger.
Bevor man in die Torhalle tritt, passiert man das nachträglich angesetzte Vorwerk (1538). In der Art einer Barbakane konnte man durch vier Schießscharten einen nahenden Feind bekämpfen.
Die Torhalle aus regelmäßigen Quadern weist einige Steinmetzzeichen aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts auf. Einige Quader (der fünf oberen schrägen Schichten) stammen aus dem 13. Jahrhundert, d.h. von einem älteren Gebäude aus der Gründerzeit (ehemaliger Bergfried?).
Ringmauer und Wehrgang
Die Ringmauer umschreibt nahezu ein Quadrat von 61x62,5 Metern. Der Wehrgang, der sich einst um die ganze Burg zog, ist heute nur noch an der Nord- und Ostseite teilweise begehbar. Er wurde wohl schon im 13. Jahrhundert begonnen.
Nordbau
Der ursprünglich zweistöckige Nordflügel des Schlosses wurde zwischen 1449 und 1544 in mehreren Abschnitten errichtet, Damals entstanden auch die beiden Erker: Der östliche wurde 1527, der westliche Erker 1528 fertiggestellt, die äußeren Strebpfeiler darunter sind älter. Der östliche Erker ist neben der Wendeltreppe das zweite völlig erhaltene Kunstwerk der Burg. Innen zeigt er einen reich profilierten Spitzbogen, der den Zugang zu einem quadratischen Raum eröffnet, der nur wenig vor die Mauerflucht vorspringt. Die dreibahnigen Außenfenster zeigen spätgotisches Maßwerk. Zwei Seitenfenster haben bei schräggestelltem Grundriß Kielbogenform. Der Schlussstein trägt drei Wappen: den Löwen, die Rauten und die damaszierenden Ranken sowie die Jahreszahl 1528.
Vom Wendeltreppenturm zwischen Tor- und Saalbau (1549) waren sämtliche Stockwerke des Saals zu erreichen. Der Keller unter dem Rittersaal ist älter als der Bau darüber. Früher betrat man den Keller des Gebäudes vom Hof aus.
Der Rittersaal im 1. Obergeschoss, der heute als Gerichtssaal genutzt wird, hat eine Fläche von 9,15 x 15,15 Meter, die Höhe beträgt 5 Meter. Der frühere Wehrgang an der Außenfront ist jetzt Seitengang dieses Saales. In der Mitte ragen zwei Steinsäulen in der Mittelachse mit mächtigem Unterzug auf, der auf Steinkonsolen ruhte. Steinkonsolen finden sich auch an den Seitenwänden als Auflage für die ehemalige Balkendecke. In der Südostecke des Saals befindet sich eine schmale Wendeltreppe. Der Raum wies früher eine Wandtäfelung auf, wie dies Spuren am Westgiebel beweisen, und war durch offene Kamine, später durch riesige Kachelöfen zu beheizen. Der Saal hatte zum Hof hin in jedem Geschoss drei dreiteilige Fenster, die im 20. Jahrhundert verändert wurden.
Über dem Saal lag noch ein hohes Geschoss, das von einem steilen Dach mit kleinen Gauben gedeckt war (Merianstich von 1645).
In der Nordostecke der Kernburg stand einst ein großer quadratischer Turm. Der Merianstich zeigt an der Stelle einen achteckigen Außenturm. Später wurde ein Innenturm erbaut, der dann in runder Form nochmals wieder aufgebaut wurde. Abbildungen aus dem 19. Jahrhundert zeigen an dieser Stelle noch einen breiten Riss.
Ostbau
Von der Ostmauer, die im 14. Jahrhundert entstand, ist bekannt, dass sie Kurfürst Ludwig V. (1508-1544) nach Kriegszerstörungen des Jahres 1504 erneuert hat. Da sie stark beschädigt gewesen sein dürfte, ließ er vor die alte Mauer eine weitere Verstärkungsmauer aus Sandsteinquadern vorsetzen und auf eine Gesamtstärke von 6,50 Meter erweitern. Damals wurde anscheinend die innen erkennbare rundbogige Tür geschlossen. Die Mauer ist nicht einheitlich. Während im unteren Bereich ein dunkler härterer Sandstein (mit Versatzlöchern und Steinmetzzeichen) verwendet wurde, wählte man weiter oben gelbliche rheinhessische Steine, ohne Versatzlöcher und Steinmetzzeichen. Der Wehrgang wurde auf die Vorderkante der alten Wehrmauer (83 cm stark) gelegt. In der Wand finden sich etliche Schießscharten, ehemals vergitterte Fenster und zwei Gußerker.
An der Innenseite der Burgmauer aus dem 14. Jahrhundert stand früher ein langes Gebäude. Auf der gesamten Länge ist der Ansatz eines Tonnengewölbes erkennbar. Die Spuren eines Pultdaches an der Südwand stammen aber aus der Zeit vor 1900. Das ganze Gebäude war ursprünglich wohl dreistöckig. Im Erdgeschoss scheint zunächst ein Marstall gewesen zu sein, darüber Vorratsräume und Wohnungen von Bediensteten. Anfang des 19. Jahrhunderts war das Erdgeschoss durch Zwischenwände in einzelne Zellen für das Bezirksgefängnis geteilt. Als solches wurde das Gebäude bis 1879 benutzt.
Südbau
Der südliche Saalbau wurde Mitte des 16. Jahrunderts (1546 oder 1549) von Kurfürst Friedrich II (1544-1556) an die Mauer angesetzt. Hier hat er bis zu seinem Tod 1556 gewohnt. Früher stand an der Hoffront ein Wendeltreppenturm vor dem Gebäude. 1900 standen noch alte Außenmauern, die aber beim Wiederaufbau stark verändert wurden. Früher hatte das Gebäude über dem Keller drei Wohngeschosse. Vor den beiden oberen Geschossen verlief jeweils ein Gang auf der dort 3,50 starken Wehrmauer. In der Mitte der Südfront war ein erkerartiger Vorsprung und der Ostgiebel zeigt eine Tür zum Wehrgang über der Südostschräge.
Im Erdgeschoss des alten Gebäudes befanden sich 1601 Wohngemächer, eine Abortanlage und wahrscheinlich eine Kapelle, die errichtet wurde, als Friedrich IV. (1588-1610) den Sommer über mit seinem Hofstaat in Alzey residierte.
Bollwerksturm an der Südwestecke
Der Bollwerksturm an der Südwestecke der Burganlage entstand bis 1476 (Bauinschrift). Der ursprüngliche Zustand des Turmes bleibt unklar, weil der Turm 1688/89 gesprengt wurde und 3/5 seiner Masse verlor. Der kreisrunde Turm hat einen Durchmesser von 16,20 Meter und wurde außerhalb der Wehrmauer angebaut. Im Obergeschoss geht der Turm in ein Sechzehneck über (das Fachwerk ist neueren Datums). Die heutigen Fenster sind neu, nur die Schießscharten sind alt. Das Untergeschoss des ehemals dreigeschossigen Turms beherbergte eine Brunnenanlage. Der Brunnen scheint schon vor 1476 bestanden zu haben. Vom Turm aus hatte man Zugang zu den Wehrgängen.
Für die Toranlage neben dem Bollwerksturm wurde erst 1809 ein Durchbruch durch die Ringmauer geschaffen, als man den Turm zu einem Gefängnisbau umfunktionierte.
Westmauer
Der Wehrgang an der westlichen Außenmauer ist nach hinten verkröpft. Zwei Türen führen zu einer kleinen Bastionsplatte, die aus der Zeit Kurfürst Friedrichs I. (1449-1476) stammt.
An der Innenseite der Mauer finden sich Spuren der ehemaligen Burgkapelle, die Anfang des 16. Jahrhunderts bzw. kurz zuvor errichtet wurde. Eine zeitliche Einordnung der geringen Mauerreste ist kaum möglich.
Das sich Richtung Toranlage anschließende ehemalige Torwärterhaus wurde nach 1900 den heutigen Bedürfnissen angepasst. Im Inneren sind noch alte Stilelemente erhalten.
Burghof
Der Brunnen in der Mitte der Burganlage wurde offensichtlich bereits in der Frühzeit gegraben. Wegen des nahen Grundwasserspiegels dürfte er nicht sehr tief sein. Er ist im Laufe der Jahrhunderte fast gänzlich verfüllt worden.
Literatur
- Becker,Friedrich Karl : Burg und Schloss Alzey, in: Alzeyer Geschichtsblätter 9 (1972), S. 103.119.
- Durst, Georg: Die Burg Alzey, in: Heimatjahrbuch Landkreis Alzey. Aus Geschichte, Kultur und Leben des Alzeyer Landes 1 (1961), S. 37-40.
- Grathoff, Stefan: Burg und Schloss Alzey. Residenz der Pfalzgrafen bei Rhein, in: Alzeyer Geschichtsblätter 32 (2001), S. 29-72.
- Krauss, Karl: Das alte Schloss in Alzey und sein Ausbau für staatliche Zwecke, in: Zeitschrift für Bauwesen 55 (1905), S. 225-254 und 411-414.
- Krauss, Karl: Das Alzeyer Schloss, in: Volk und Scholle 5 (1927), S.176-181.
- Schuster, Gertrude Maria: ...bey so gefährlich zeiten. Die Stadtbefestigung von Alzey. Alzey (1987).
- Spieß, Karl-Heinz: Burg, Burggraf und Burgmannschaft im spätmittelalterlichen Alzey, in: 700 Jahre Stadt Alzey, hg. v. Friedrich Karl Becker. Alzey 1977, S. 106-115.
- Stephan, Ernst: Das Schloss in Alzey, in: Alzeyer Geschichtsblätter 4 (1967), S. 3-43.
- Wimmer, Karl: Geschichte der Stadt Alzei. Alzei (1874).
- Wimmer, Karl: Die Burg und das Schloss Alzey. In: Archiv für hessische Geschichte und Alterthumskunde 14 (1979), S. 98-117.