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Kategorie: N, Baden-Würtemberg, Mainzer Erzbischöfe Zuletzt aktualisiert: 29.07.2005
Neckarsteinach
Vier Burgen auf einem langen schmalen Höhenrücken zwischen dem Neckar und der Steinach, zwischen 1100 und 1230 von den Herren von Steinach gegründet, zieren den Ort.
Steinach wird erstmalig im Jahr 1142 erwähnt. Damals dankte der Bischof von Worms seinem treuen Steinacher Lehnsmann Bligger I., weil der seine bereits bewirtschafteten Güter im Steinachtal für die Gründung des Zisterzienserklosters von Schönau zur Verfügung gestellt hatte. Das hohe Ansehen, das die Steinacher Ritter damals genossen, zeigt auch die Tatsache, dass Bliggers Bruder, Konrad von Steinach, von 1150 bis 1172 Bischof von Worms war und als Brautwerber für Kaiser Friedrich I. Barbarossa nach Konstantinopel reiste. Große Berühmtheit erlangte auch Bligger II. (1152.1210), der als Minnesänger am Hofe von Friedrich I. Barbarossa, Heinrich VI. und Otto IV. bezeugt ist. Seine Gedichte sind in der Heidelberger Manessischen Liederhandschrift verewigt, neuesten Forschungen zufolge wird er sogar für den Dichter des Nibelungenliedes gehalten.
Die Nachkommen der edelfreien Familie nennen sich seit 1286 "Landschaden von Steinach". Die Neckarsteinacher Ritter sind ab 1355 drei Jahrhunderte lang in den höchsten Ämtern, vor allem am Hofe der Heidelberger Kurfürsten, aber auch anderer Landesfürsten zu finden. Als das Geschlecht 1653 ausstarb, gingen ihre vier Burgen und das Amt Neckarsteinach 1657 an die Freiherren von Metternich-Burscheid über und fielen nach deren Aussterben 1753 an die Bistümer Mainz, Worms und Speyer zurück. 1803 wurde Neckarsteinach dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt zugeschlagen wurde. Die Hinterburg ist seit 1910 Landeseigentum, Vorder- und Mittelburg gehören heute dem Freiherr von Warsberg.
Hinterburg (Alt-Schadeck)
Die Hinterburg, die älteste der vier Steinacher Burgen, wurde Anfang des 12. Jahrhundert (1142) von den Rittern von Steinach erbaut. Als erster Burgherr gilt Bligger I., aber erst sein Sohn, der Minnesänger Bligger II., baute sie zu einer monumentalen Anlage aus. Im 13. Jahrhundert (1272) wurde die Burg dem Hochstift Speyer zu Lehen aufgetragen. Bischof Heinrich übertrug sie 1272 einigen Gläubigern. 1341 wird ein Amtmann des Bischofs Gerhard von Speyer in Neckarsteinach genannt (Otto 4661).
1344 liegt die Burg zerstört: Wann und durch wen dies geschah ist unbekannt. Bekannt ist nur, dass in diesem Jahr Bischof Gerhard sie mit Hilfe des Wimpfener Propstes Peter von Mur wieder aufzubauen gedachte. Peter sollte nach Vollendung des Baus dann Amtmann auf ihr werden.
Im Jahr 1375 erhielt Contz Münch von Rosenberg die Hinterburg als Amtslehen vom Mainze Erzbischof, der damals auch Bischof von Speyer war. 1418 ist Wilhelm von Helmstatt im Besitz der Burg. Nach 1474 kam die Hinterburg zur Hälfte an die Landschaden und zur Hälfte an die Herren von Handschuhsheim. 1497 kauften letztere den anderen Teil ebenfalls auf. Seit 1544 (1548) waren die Landschaden von Steinach im Besitz des Speyerer Lehens und blieben es bis 1653. Die Burg verfiel nach 1620. Sie ist heute im Besitz des Landes.
Baubeschreibung: Hangburg mit Halsgraben an der Bergseite. Im Grundriss ein Fünfeck, in dessen bergseitiger Spitze der quadratische Bergfried (4. Viertel 12. Jahrhundert) übereck eingestellt wurde, mit vorzüglichem Buckelquadermauerwerk an den beiden Außenseiten mit Schrägsockel, hochgelegener rundbogiger Eingang mit verzierten Konsolsteinen, außen Geschossrücksprung, innen ehemals Balkendecke. An der Südseite zum Fluss hin die Außenmauer eines frühgotischen Palas (Mitte 13. Jahrhunderts) mit drei verschieden gestalteten Fenstergruppen. Aus gleicher Zeit das anstoßende rundbogige Burgportal mit Birnstabprofil. Um die Kernburg zwei Zwinger, der innere nach 1344 angelegte Bering umschließt die östlich vorgelegte kleine Vorburg mit tonnengewölbtem Keller eines ehemaligen Gebäudes und mit altem gepflasterten Zugangsweg. Der äußere Bering nach 1426 errichtet, mit südwestlicher Halbkreisbastion und interessanter Toranlage im Osten (Dehio).
Original aus der Bauzeit erhalten und mit Buckelquadern ungewöhnlich aufwendig gemauert ist der ca. 20 Meter hohe Bergfried mit bis zu 3 m dicken Mauern und dem einzigen Zugang in ca. 12 Meter Höhe. Der heutige Treppenaufgang und die Aussichtsplattform entstanden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das schöne Sandsteinrelief mit der Jahreszahl 1556 unterhalb der Treppe zeigt links das Harfenwappen des Neckarsteinacher Landschads Hans Pleikard und rechts das Rabenwappen seiner Frau Anna Elisabeth von Helmstadt. Der mittelalterliche, voll ausgemauerte Brunnen im Burghof wurde 1978 bis auf 23 Meter Tiefe ausgegraben und dabei in 18 Meter Tiefe eine begehbare Abzweigung in Richtung Mittelburg festgestellt.
Mittelburg
Zwischen 1165-1184 (um 1170) wurde die Burg von Konrad I. von Steinach erbaut und war zur Hälfte Allod, zur Hälfte Lehen der Wormser Kirche. Beim Tod des damaligen Besitzers Boppo von Steinach um 1325 kam die lehnsrührige Wormser Hälfte an dessen Schwiegersohn Lutz von Helmstatt. Die allodiale Hälfte war aber bereits an Lutz Schwiegervater Konrad Schenk von Erbach verpfändet, der diese Pfandschaft 1325 an den Mainzer Erzbischof Mathias verkaufte (Vogt 2676). 1326 verkaufte der Mainzer dem Ritter Hartmut von Kronberg, Mainzer Burggrafen auf Starkenburg, einige Güter, um mit dem Erlös die Burg auszulösen (Vogt 2681). Die Auslösung erfolgte, denn kurz danach setzte der Erzbischof den Ritter Konrad von Helmstatt als Amtmann ein (Vogt 2682) und schloss Anfang 1326 einen Burgfrieden mit Lutz (Vogt 2684). Erzbischof Heinrich gewann 1341 den Edelknecht Johann von Helmstatt zum Burgmann. Die Mainzische Hälfte wurde mehrfach verpfändet: u.a. 1356 an Hartmut d.Ä. von Kronberg (Vigener 704), 1365 an Konrad Landschad (Vigener 1931) und 1367 an Rudolf von Beckingen (Vigener 2243). 1383 ging die Burg als Pfand an Boppo von Helmstatt gen. von Steinach, den Sohn des Lutz, der nun die ganze Burg innehatte. Der mainzische Teil kam im 15. Jahrhundert an Reinhard von Neipperg und dessen Ehefrau Magdalene von Sickingen, die sie 1442 an Wiprecht von Helmstatt, den Inhaber der Hinterburg, weiterverpfändeten. Wiprecht erwarb die Burg von Mainz zurück. So steht es jedenfalls in seinem Testament vom 23.12.1469. 1550 gehörte der mainzische Teil den Herren von Handschuhsheim. In diesem Jahr verkauften sie den Anteil an die Landschaden, denen damit erneut die ganze Mittelburg gehörte. 1653 starben die Landschaden aus. Nach dem Übergang der Herrschaft Steinach an die Landgrafschaft Hessen 1803 kam aufgrund alter Ansprüche der Metternichschen Erben die Burg in den Besitz der Freiherren von Dorth. Als Nacherben sind seit 1943 die Freiherren von Warsberg Eigentümer.
Baubeschreibung: Ursprünglich regelmäßige Rechteckanlage, aus der Gründungszeit nur der quadratische mächtige Bergfried mit Eckbuckelquader und hochgelegenem rundbogigem Eingang sowie Teile der ehemaligen Außenmauer erhalten. Die Anlage wurde um 1550 von Landschad Hans Bleickardt I., Marschall am Heidelberger Kurfürstenhof, nach dem Vorbild des Heidelberger Schlosses und des Schlosses in Offenbach am Main in ein Renaissanceschloss mit Säulengalerie und Bogenhalle umgestaltet. Dabei verschwanden auch ein Großteil der alten Ringmauer und der Zugbrückenzugang an der Ostseite. Ihr heute davon wieder gänzlich abweichendes Aussehen entstand um 1820 (Zinneninschrift 1822), als im Rahmen der damals üblichen Romantisierung eine sogenannte Gotisierung der Burg stattfand. Dabei entstanden die vielen dekorativen Zinnenkränze, u.a. auch die auf dem Bergfried, der vorher ein Pyramidendach trug. Auch zusätzliche Türmchen und das nach Norden vorspringende große Treppenhaus stammen aus dieser Zeit.
Vorderburg
Die Burg wurde als dritte der vier Neckarsteinacher Burgen um 1200 von Ulrich I., Sohn des Minnesängers Bligger II. gebaut. Um sich aus einer Geldverlegenheit zu befreien, verkauften die Steinacher die Vorderburg schon 100 Jahre nach ihrer Entstehung an die Bistümer Worms und Speyer. Der Wormser Bischof gab den Steinachern sein Hälfte umgehend als Lehen und Wohnsitz zurück. Erst ab 1474 gehört die ganze Burg wieder den Neckarsteinacher Rittern. Nach dem Aussterben der Landschaden 1653 erbten die Herren von Metternich die Burg. Im Zuge der Säkularisierung fiel die Burg 1803 an die Landgrafen von Hessen. 1825 kaufte sie Freiherr von Dorth, der die Burg wieder bewohnbar macht und um sie herum einen Park mit besonderen Bäumen anlegt. Seit 1925 gehört sie den Freiherren von Warsberg und ist vermietet.
Baubeschreibung: Die Burg war durch eine gemeinsame Wehrmauer mit dem Ort verbunden. Die ursprüngliche etwa rechteckige kleine Anlage wurde von einer Ringmauer mit Zwinger umgeben. Der Zugang zur alten Burg erfolgte damals direkt von der Kirche den Burgberg zwischen zwei mächtigen Flügelmauern hinauf, die auch heute noch vorhanden sind. Der mächtige quadratische Bergfried und das unmittelbar angebaute dreistöckige Palasgebäude sind noch weitgehend original erhalten. Die darin heute sichtbaren Fensteröffnungen wurden mehrfach verändert: das älteste noch vorhandene spitzbogige Fenster im 2. Obergeschoss auf der Ostseite des Palas dürfte aus dem 14. Jahrhundert stammen. Der Eingang zum Burghof in Form eines spitzbogigen Tors befindet sich in der heute nur noch in Resten vorhandenen Ringmauer und trägt das Wappen der Landschaden von wahrscheinlich 1370/80. Die nördlichen Wirtschaftsgebäude wurden erst 1815 angebaut.
Schadeck (Schwalbennest)
Die jüngste Neckarsteinacher Burg entstand etwa um 1230. Als Erbauer gilt Bligger V. von Steinach. Im Jahr 1335 kaufte der Mainzer Stiftsprovisor Erzbischof Balduin für die Bistümer Mainz und Worms den (im Bistum Worms gelegenen) Burgberg von den Brüdern Ritter Bligger und Edelknecht Dieter Landschad. Er verzichtete darauf, die Burg auszubauen (Otto 3436, 3465). In der einen Hälfte wurde Ritter Johann von Hirschhorn noch im Jahr 1335 Amtmann von Mainz und Worms (Otto 3461).
Im Zuge des Streites um den Wormser Bischofsstuhl besetzte Johann von Hirschhorn im Juni 1340 auf Befehl Ludwig des Bayern und Erzbischof Heinrichs die Burg Schadeck (Otto 6063). Der Mainzer hielt die gesamte Burg, auch die Wormser Hälfte, besetzt, als er sie im Dezember 1349 Eberhard von Rosenberg (Otto 5809) verpfändete. Der Wormser Bischof ließ nichts unversucht, seine Burghälfte wiederzubekommen. Bischof Salman von Worms suchte 1353 beim Pfalzgrafen um Hilfe nach und versprach ihm, dass er ihm von Schadeck aus niemals Schaden zufügen wolle, wenn er die Burg wieder in seinen Besitz bringen würde. Jahre später wandte sich der Bischof sogar an den Papst. 1364 forderte Urban V. den Mainzer Erzbischof auf die Klage des Bischofs Dietrich von Worms auf, die Wormser Burg wieder freizugeben, der Papst bat auch Bischof Johann von Hildesheim, dahingehend auf den Erzbischof einzuwirken (Vigener 1850 und 1859). Noch 1395 befand sich die Burg in den Händen der Nachkommen Eberhards von Rosenberg. Hans von Rosenberg wird als Inhaber genannt. Die Burg blieb bis 1428 in erzstiftischem Besitz. In diesem Jahr verpfändete Erzbischof Konrad sie an Dieter II. von Landschad. Sie wurde nie mehr ausgelöst und allmählich allodisiert. Zwischen 1454-1653 war sie im Alleinbesitz der Landschaden (Dehio) 1763 versuchten der Mainzer Erzbischof und der Bischof von Worms, die allmählich verfallende Burg noch einmal einzuziehen, was zum Streit mit den Besitzern führte. Doch der Zwist endete 1803 nach der Auflösung des Kurstaates und dem Übergang der Burg an das Herzogtum Hessen. Die Burg, die er seit ca. 1800 Schwalbennest genannt wurde, ist heute im Besitz des Landes.
Baubeschreibung: Kleine einheitliche Anlage. Der Palas im Grundriss rhombisch, gegen den Hang durch die im stumpfen Winkel vorspringende, gut erhaltene hohe und mächtige zweiflügelige Schildmauer gesichert, die von einem Wehrgang mit Spitztonnengewölbe bekrönt und von zwei Konsolen sitzenden Rundtürmen flankiert ist, der östliche Turm im 19. Jahrhundert durch ein zusätzliches achteckiges Obergeschoss erhöht. Die Schildmauer ersetzt den Bergfried. Der hochgelegene Zugang zum Wehrgang an der Schildmauerinnenseite durch Pecherker geschützt. Gegen die Bergseite wurde auch ein schmaler Halsgraben aus dem Fels geschlagen, durch den man heute die Burganlage erreicht. Ursprünglich war der Aufgang zur Burg nur über einen Serpentinenweg von der Neckarseite her möglich. Nach der Talseite vor dem Palas ein terrassenartiger Hof, seitlich ein Torzwinger. Eindruckvolles Beispiel gotischer Festungsarchitektur, ähnlich der ebenfalls mainzischen Burg Ehrenfels bei Rüdesheim (Dehio)
Quellen: Grathoff, Erzbischofsburgen; Knappe S.567ff.; Dehio S.642ff.; www.burgen.strasse-online.de
Literaturhinweise:
Walter Möller: Neckarsteinach. In: Archiv für hessische Geschichte (AHG) NF 14 (1925).
Rob. Irschlinger: Neckarsteinach. Aus der Geschichte der vier Burgen, ihrer Bewohner und der Stadt. 1956.